Konzentrierung von Salzsäure über den azeotropen Punkt
- Extraktive Rektifikation -
- Zweidruckverfahren -
- Integration weiterer Prozessschritte -
Einführung
Das System HCl/Wasser mit einer HCl-Konzentration von 20,2 Gew.-% bildet bei Normaldruck und einer Temperatur von ca. 108 °C ein Azeotrop.
Ist die Säurekonzentration niedriger als im azeotropen Gemisch, kann die Säure bei diesem Druck nur bis zum azeotropen Punkt konzentriert werden. Für eine weitere Konzentrierung sind besondere Verfahren erforderlich.
Es können die folgenden technischen Optionen eingesetzt werden:
- Extraktive Rektifikation (Zugabe eines Extraktionsmittels)
- Zweidruckverfahren (Änderung des Systemdrucks)
- Kombination beider Verfahren
Alle Verfahren können auch für die Herstellung von HCl-Gas verwendet werden.
Extraktive Rektifikation
Die gebräuchlichste Technologie zur Überwindung des azeotropen Punkts ist die unten dargestellte extraktive Rektifikation. Bei diesem Verfahren wir der azeotrope Punkt unterdrückt und die relative Flüchtigkeit von HCl erhöht. Erreicht wird dies durch die Zugabe eines dritten Inhaltsstoffes, einem Extraktionsmittel mit stark hygroskopischen Eigenschaften. In der Kolonne bindet das Extraktionsmittel das Wasser im Zulauf und tritt am Kolonnenboden wieder aus. Am Kopf der extraktiven Rektifikationskolonne kann dann hochkonzentrierte Salzsäure oder sogar HCl-Gas erzeugt werden. Anschließend wird das Extraktionsmittel in einem Verdampfer vom Wasser befreit und wieder dem extraktiven Rektifikationsprozess zugeführt.
Extraktive Rektifikation
Extraktionsmittel
Ein geeignetes Extraktionsmittel muss über folgende physikalische Eigenschaften verfügen.
Das Extraktionsmittel
- muss die relative Flüchtigkeit von HCl in Wasser erhöhen.
- sollte in den Komponenten der Zulaufsäure über den gesamten Konzentrationsbereich löslich sein.
- sollte einen im Hinblick auf die Komponenten der Zulaufsäure hohen Siedepunkt haben.
- sollte schließlich zu einer bezüglich des Energieverbrauchs wirtschaftlichen Trennung führen.
Schwefelsäure und konzentrierte wässrige Lösungen aus Metallchloriden wie MgCl2 und CaCl2 sind beispielsweise geeignete Extraktionsmittel für die Konzentrierung von Salzsäure.
Vorkonzentrierung und Reinigung vor der extraktiven Rektifikation
Je niedriger der Wassergehalt im Zulauf für die extraktive Rektifikation ist, desto geringer ist die benötigte Menge des Extraktionsmittels und desto geringer fallen der Energieverbrauch und die Investitionskosten für die Schwefelsäure-Wiederaufbereitung aus. Eine vor der extraktiven Rektifikation installierte Vorkonzentrierung des Zulaufs kann sich daher als vorteilhaft erweisen. Andere Schritte, die häufig in Verbindung mit der HCl-Konzentrierung ergriffen werden, sind die Entfernung von Fluor sowie von Komponenten mit hohem Siedepunkt sowie Debromierungsprozesse. Die unten stehende Abbildung zeigt eine HCl-Konzentrierung in Verbindung mit der Beseitigung hochsiedender Komponenten oder auskristallisierter Salze, einer anschließenden Debromierung mit Chlor, gefolgt von einer extraktiven Rektifikation mit Schwefelsäure zur Herstellung reiner konzentrierter Salzsäure.
Extraktive Rektifikation in Verbindung mit einer Vorkonzentrierung und Reinigung
Zweidruckverfahren
Eine Alternative zur extraktiven Rektifikation ist das Zweidruckverfahren, das sich die Abhängigkeit der Zusammensetzung des azeotropen HCl/Wasser-Gemischs vom Druck zunutze macht. Das bedeutet, dass sich bei einem niedrigeren Druck p1 mehr HCl im azeotropen Gemisch befindet als bei einem höheren Druck p2 - (HCl azeo p2) < (HCl azeo p1). Der azeotrope Punkt kann daher durch die Kombination von zwei Rektifikationsschritten bei zwei verschiedenen Drücken überwunden werden. Das Prinzip des Zweidruckverfahrens ist unten dargestellt.
Zuerst wird das wässrige HCl-Gemisch durch Rektifikation unterhalb des Normaldrucks behandelt, damit das azeotrope Gemisch (HCl azeo.p1) für diesen niedrigeren Druck als Bodenprodukt erzeugt wird, während Wasser das Kopfprodukt ist. Das Bodenprodukt wird einer zweiten Kolonne zugeführt, die bei einem Druck über Normaldruck betrieben wird. In der zweiten Kolonne ist das azeotrope Gemisch (HCl azeo p2) ebenfalls das Bodenprodukt, aber in diesem Fall ist das Kopfprodukt konzentrierte Salzsäure in der gewünschten Konzentration (HCl>azeo pp2). Der Bodenablass der zweiten Kolonne liefert aufgrund des höheren Systemdrucks eine HCl-Konzentration (HCl azeo p2) unter der azeotropen Zusammensetzung des Bodenprodukts der ersten Kolonne. Dementsprechend kann das Bodenprodukt der zweiten Kolonne wiederaufbereitet und der ersten Kolonne zugeführt werden.
Der Druckbereich von 100 mbar bis ungefähr 3 bar ist technisch leicht realisierbar. Die Änderung der Zusammensetzung des azeotropen Punkts innerhalb dieses Druckbereichs ist jedoch marginal und aufgrund der erforderlichen hohen Rückflussverhältnisse in beiden Kolonnen wird viel Energie für die beiden Verdampfer einer einzelnen destillativen Trennung benötigt.
Zweidruckverfahren
Kombination aus extraktiver Rektifikation und Zweidruckverfahren
Das Zweidruckverfahren kann auch mit der extraktiven Rektifikation kombiniert werden. Das bietet Vorteile, wenn das Extraktionsmittel die Flüchtigkeit des Wassers bei reduziertem Druck nicht verringert und das Azeotrop in die gleiche Richtung schiebt. Ammoniumchlorid ist ein Beispiel für solch ein Extraktionsmittel. Im Gegensatz zur oben erläuterten extraktiven Rektifikation wird das Wasser also nicht vom Extraktionsmittel aufgenommen, sondern der Chlorwasserstoff verlässt die Kolonne am Boden zusammen mit dem Extraktionsmittel. Abbildung 4 zeigt das Fließschema solch eines kombinierten Verfahrens für die Konzentrierung von Salzsäure.
Beschreibung des verbesserten Zweidruckverfahrens
Die Zulaufsäure wird in W4 erwärmt, anschließend mit dem Extraktionsmittel vermischt und dann in Entspanner B1 geleitet. Der entstehende Dampf und die Flüssigkeit werden der Vakuumkolonne K1 zugeführt. Das Gemisch wird in Vakuumkolonne K1 rektifiziert, sodass im Grunde genommen Wasser am Kolonnenkopf und ein ternäres Gemisch aus Extraktionsmittel, Wasser und Salzsäure am Kolonnenboden entstehen.
Das Gemisch wird mit Pumpe P1 in die unter Druck stehende Kolonne K2 befördert. In Kolonne K2 wird die Salzsäure vom Extraktionsmittel getrennt, das Kolonne K2 als Bodenprodukt verlässt und von Pumpe P4 aufbereitet wird, um wieder mit dem Zulauf vermischt zu werden. Die über dem azeotropen Punkt liegende Salzsäure verlässt Kolonne K1 und wird in Wärmeübertrager W1, der als Heizgerät für die Kolonne dient, kondensiert. K1
Vorteil
Dieses kombinierte Verfahren ist dann interessant, wenn die Betriebsbedingungen bzw. die Temperaturen im Wärmeübertrager W1 aufgrund der Zugabe des Extraktionsmittels seine Nutzung als Verdampfer für Kolonne K1 und als Kondensator für Kolonne K2 erlauben, um im Vergleich zum oben beschriebenen, alleinigen Zweidruckverfahren eine Menge Energie einzusparen.